„Es hieß, in unserem Haus hätte früher ein preußischer Prinz gelebt, ich glaube, nur deshalb hatte mein Vater genau dieses gewollt für seine Kommandantur. Er war nicht der oberste Kommandant, aber der Stellvertreter, man nannte ihn den Zampolit, ich weiß bis heute nicht, was das bedeutet. Manchmal sprach er von Prinz Oskar, schon der Name klang ausgedacht, aber er, der große Zampolit, konnte ernsthaft behaupten, er hätte diesen Oskar gern einmal getroffen, „den letzten Mohikaner unter den Hohenzollern“, wie er öfter ausrief, was mir schon als Kind ziemlich eigenartig vorkam, vielleicht auch, weil ich diese Worte nicht verstand. Immerhin hatte er einiges Wissen in Geschichte und erwähnte auch andere Namen, die in unserem Städtchen Nr. 7 gelebt hatten, Hindenburg, Oppen und Oskar waren immer darunter. Ich glaube, er hätte Oskar gern gezeigt, dass aus seinem Obstgarten ein schöner großer Appellplatz geworden war, oder wie schön hellblau und russischgrün sie jetzt alles übertüncht hatten, oder dass auf seinen persönlichen Befehl eine Sauna eingebaut worden war, in Oskars Keller, oder auch unseren Schweinestall – damals besaßen wir noch unser eigenes Schwein, es lebte in einem Verschlag auf dem Balkon…“
„Kruso“ – der Roman von Lutz Seiler, für den der Autor im letzten Jahr den Deutschen Buchpreis erhalten hat, spielt auf Hiddensee. Das wissen alle, selbst die, die das Buch nicht gelesen haben. Aber Teile des Romans spielen auch in Potsdam, wie das oben angeführte Zitat zeigt; im „Militärstädtchen Nr. 7“ oder – wie wir Potsdamer es genannt haben – in der „Verbotenen Stadt“. Das Haus, von dem im Zitat die Rede ist, die „Villa Quandt“, ist heute Sitz des Fontane-Archivs. Und die Sauna, von der Lutz Seiler erzählt, Krusos Vater hätte sie einbauen lassen, ist auch noch da, im Keller des Gebäudes – dafür hat der Denkmalschutz gesorgt. Und dort hat angeblich auch Putin sauniert, wenn er auf Besuch aus Dresden im Militärstädtchen Nr. 7 in Potsdam war…
(Zitat aus: Lutz Seiler: Kruso. Suhrkamp, 3. Auflage 2014, S. 191/192)