„Potsdam ist schwer zu verstehen, sehr schwer. Das sage ich als echter Potsdamer. Die Stadt ist immer inhomogen und kontrovers gewesen. Es ist ein Ort, der sich zu Recht Weltkulturerbe nennt. Die Gebäude sind exquisit, die Parks einmalig, die Landschaft transformiert zu einem Kunstwerk. Es gibt Gärten, Schlösser, Bauernhöfe, die Intellektuellen, die Beamten, die neuen Milliardäre, Wow! Aber dann gibt es gleichzeitig unglaublich Provinzielles, Betüdeltes, es gibt diese Pseudogemütlichkeit des Holländerviertels, was mich immer an Sylt erinnert. Es hat etwas Geducktes, Herzensgutes, Ökohaftes.
Dann fahre ich auf dem Weg zum Bahnhof an den Resten der Einkaufskultur aus den Sixties vorbei, an dieser kommunistischen Architektur, die noch am Alten Markt steht, an der Platte, also an der Fachhochschule, Staudenhof, der inzwischen sanierten Bibliothek, das ist ein Futurismus, den man heute grotesk findet. Aber diese Architektur hatte wenigstens noch eine eigene Handschrift. Ich könnte damit leben, wenn das stehen bliebe.
Für mich hat auch diese Dekadenz, dieser Charme des Vernachlässigten, einen großen ästhetischen Wert. Und nicht nur das Neue, das Reparierte, das Ersetzte, das manchmal in Potsdam so pappmachéhaft daherkommt. Ganz zu schweigen von dieser Pseudo-Stadtarchitektur, die sich spät bauhausartig gibt und nur pampig aussieht.“
Auszug aus einem langen Interview mit Wolfgang Joop, das er der PNN gegeben hat. Anlaß ist sein Geburtstag, über den er eigentlich nicht sprechen will…