Zehn Minuten vor sechs, in 55 Minuten beginnt meine Führung in der Schiffbauergasse; ich wohne um die Ecke, habe daher noch Zeit und in meinen Händen gerade ein Messer und Mozarella in Vorbereitung auf das Abendessen – ich erwarte heute abend Gäste -, als mein Mobiltelefon klingelt: Wir kommen etwas früher.
Ich so: Wieviel früher?
Auftraggeberin: Ähm, naja, wir sind quasi schon da…
Ich: Oh!
Auftraggeberin: Könnten Sie vielleicht –
Ich so: 15 Minuten!
Auftraggeberin: Oh toll!
Mozarella zu Ende kleingeschnitten, in die Schüssel mit den anderen Zutaten geworfen, Handtuch als Abdeckung darüber. Umgezogen, Sonnencreme auf die Nase, Handtasche befüllt, auf’s Fahrrad gestiegen, hingeradelt, pünktlich, d.h. früher am Treffpunkt: Keine Gäste. Ich rufe an und höre: Wir sind um die Ecke, wir kommen!
Meine Auftraggeberin ist glücklich und die Gäste sehr nett! Nach einer halben Stunde sagt eine Frau aus der Gruppe: Das ist ja so toll von Ihnen, daß Sie so spontan früher –
Ich so: Gern geschehen! Was möglich ist, wird möglich gemacht! Und die Vorbereitungen für mein Abendessen heute habe ich auch noch fertiggestellt – alles fein!
Ein anderer Gast: Ach! Was gibt es denn?
Ich: Das wollen Sie wirklich wissen?
Er so: Ja!
Einschub: Als Stadtführerin ist es für mich Gesetz, daß es auf jede Frage eine Antwort gibt. Und ich dabei – sehr wichtig! – immer abwäge, wieviel ich von meiner Privatsphäre preisgebe. Rezepte gebe ich gern weiter! Also erkläre ich im Telegrammstil, was es heute abend zu Essen geben wird für meine privaten Gäste und mich.
Eine Frau aus der Gruppe guckt sich in der kleinen Runde ihrer Kollegen um und sagt: Hätten Sie denn noch Platz für weitere sieben Personen an Ihrem Tisch?