Heute auf der Terrasse von Sanssouci am Grab des Königs: Ich habe gerade meine kurzgefaßte (es sind 30 Grad im Schatten!) Geschichte seiner Beerdigung beendet, da sprechen drei meiner männlichen Gäste gleichzeitig auf mich ein; den synchron vorgebrachten Beiträgen entnehme ich am Tonfall, daß es Fragen sind. Mehr kann ich nicht wahrnehmen.
Diese Gruppe und ich sind seit anderthalb Stunden zusammen und mögen uns gern, also ist jetzt der Moment gekommen, um mit klarer Körpersprache kurz für Ruhe zu sorgen und in charmantem Ton zu fragen: Sprechen Sie immer alle gleichzeitig?
Wissendes Frauengelächter: Ja, das kommt immer mal vor!
Ein Herr antwortet: Aber, das ist ja nur, weil wir alle Fragen haben!
Ich mache einen Vorschlag: Der Ältere beginnt!
Darauf nickt ein Herr dem anderen zu: Du!
Und in perfekter Eintracht werden alle Fragen hintereinander gestellt und beantwortet, begleitet von freundlichen Gesten unter uns allen…
Wißbegierige Gäste sind die Besten und Schönsten und Willkommensten! Dafür bin ich Stadtführerin geworden: Um mit meinen Gästen ins Gespräch zu kommen! Aber bei größeren Gruppen muß eine gewisse Ordnung herrschen. Diese herzustellen und aufrecht zu erhalten, um damit möglichst jedem Gast in der Gruppe gerecht zu werden; die Fragen zu beantworten, dabei den Zeitplan nicht aus dem Auge zu verlieren (das Mittagessen ist um eins bestellt!); und alle, mich selbst eingeschlossen, bei guter Stimmung zu halten –
das ist ein sehr wichtiger Teil der Handwerkskunst des Stadtführens.